Grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung: Alles, was Sie wissen müssen

Kategorie: Rechtliche Aspekte

Die grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung bietet Unternehmen die Chance, Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Doch was ist dabei zu beachten? Dieser Beitrag erklärt die wichtigsten rechtlichen, steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen, die Sie kennen müssen.

Was ist grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung?

Grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung bezieht sich auf die temporäre Überlassung von Arbeitnehmern eines Unternehmens aus einem anderen Land  nach Deutschland (oder umgekehrt). Ein ausländischer Verleiher stellt die Arbeitnehmer einem Entleiher in Deutschland zur Verfügung.

Diese Form der Arbeitskraftmobilität ist besonders in Branchen gefragt, in denen ein hoher Bedarf an Fachkräften besteht, der nicht durch das inländische Arbeitskräfteangebot gedeckt werden kann.

Rechtliche Grundlagen und Einschränkungen

Arbeitnehmerüberlassung innerhalb der EU

Die grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung funktioniert grundsätzlich nur innerhalb der EU. Länder außerhalb der EU, wie beispielsweise die Schweiz, sind von dieser Möglichkeit ausgeschlossen

Die Arbeitnehmerüberlassung ist ein Instrument, das in den meisten EU-Mitgliedsstaaten durch spezifische gesetzliche Regelungen reguliert ist. Deutschland hat in diesem Zusammenhang besonders strenge Anforderungen, die sicherstellen sollen, dass die Rechte der Arbeitnehmer gewahrt bleiben und keine Umgehung des nationalen Arbeitsrechts erfolgt. 

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Überlassung von Arbeitnehmern aus Drittstaaten, wie beispielsweise der Schweiz, nicht möglich ist.

Doppelte Erlaubnispflicht: Um Arbeitnehmer aus dem Ausland nach Deutschland zu überlassen, sind zwei Genehmigungen erforderlich:

1. Deutsche Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis: 

Diese Erlaubnis wird von den deutschen Behörden nur erteilt, wenn das Unternehmen nachweisen kann, dass es im Herkunftsland des Arbeitnehmers ebenfalls über eine entsprechende Erlaubnis verfügt, es sei denn, dort wäre keine erforderlich.

2. Erlaubnis des Herkunftslandes: 

Das Unternehmen muss sicherstellen, dass es auch im Heimatland des Arbeitnehmers über die notwendige Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügt, sofern diese dort gesetzlich vorgeschrieben ist.

Diese doppelte Genehmigungspflicht stellt sicher, dass sowohl die deutschen als auch die ausländischen Rechtsvorschriften eingehalten werden. Die Beantragung dieser Genehmigungen kann zeitaufwändig sein und sollte frühzeitig in die Personalplanung integriert werden.

Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Lohnsteuer

Sobald ein Arbeitnehmer im Rahmen der ANÜ nach Deutschland überlassen wird, wird er  lohnsteuerpflichtig. Dies bedeutet, dass das ausländische Unternehmen ab dem ersten Tag der Beschäftigung in Deutschland die Lohnsteuer für den Arbeitnehmer abführen muss. Diese Regelung ist unabhängig von der Dauer der Überlassung und stellt sicher, dass die deutschen Steuerbehörden ihre Abgaben rechtzeitig erhalten.

Sozialversicherung

Für die Sozialversicherung gilt grundsätzlich das Territorialitätsprinzip. D. h., dort wo der Arbeitnehmer tätig ist, besteht die Sozialversicherungspflicht. Die Sozialversicherung der überlassenen Arbeitnehmer kann aber unter bestimmten Voraussetzungen im doch Herkunftsland verbleiben. Bei einer sogenannten „Entsendung“ handelt es sich um eine vorübergehende Versetzung des Arbeitnehmers ins Ausland, wobei die Sozialversicherungsbeiträge weiterhin im Heimatland abgeführt werden können. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Entsendung von vornherein befristet ist und bestimmte materielle und formelle Voraussetzungen erfüllt sind. 

Beispielsweise darf das entsendende Unternehmen nicht ausschließlich Arbeitnehmerüberlassung betreiben und muss einen wesentlichen Teil seines Umsatzes im Heimatland erwirtschaften.

Für die Praxis bedeutet dies, dass das die beteiligten Unternehmen sorgfältig prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für eine wirksame Entsendung vorliegen. Andernfalls müssen die Sozialversicherungsbeiträge ab dem ersten Tag in Deutschland abgeführt werden.

Das Territorialitätsprinzip

Was ist das und welche Bedeutung hat es?

Das Territorialitätsprinzip ist ein grundlegendes Konzept im internationalen Recht. Dieses Prinzip ist insbesondere im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung von entscheidender Bedeutung, da es festlegt, dass die Sozialversicherungspflicht  des Staates gilt, in dem der Arbeitnehmer physisch tätig ist.

Anwendung des Territorialitätsprinzips in der Arbeitnehmerüberlassung

Wenn ein Arbeitnehmer im Rahmen der ANÜ nach Deutschland überlassen wird, unterliegt er vorbehaltlich einer Entsendung der  deutschen Sozialversicherungspflicht , unabhängig davon, in welchem Land der Verleiher seinen Sitz hat. 

Praktische Herausforderungen und Tipps

Unterschiedliche Rechtslagen in den EU-Ländern

Jedes EU-Land hat spezifische Vorschriften und Anforderungen an die Arbeitnehmerüberlassung. Es ist entscheidend, diese Unterschiede zu kennen und bei der Planung der Personalüberlassung zu berücksichtigen. 

Die deutsche Gesetzgebung verlangt beispielsweise, dass die Bedingungen für die Arbeitnehmerüberlassung im Herkunftsland erfüllt sein müssen, bevor eine deutsche Erlaubnis erteilt wird. Dies kann insbesondere bei Ländern, die weniger strenge Regelungen haben, zu Verzögerungen und Komplikationen führen.

Die Rolle der Ziel- und Herkunftsland Behörden

Die Überlassung von Arbeitnehmern erfordert die Zusammenarbeit mit den Behörden sowohl im Heimat– als auch im Zielland

Die Behörden im Heimatland müssen bestätigen, dass die dortigen Regelungen eingehalten werden, während die deutschen Behörden sicherstellen, dass die überlassenen Arbeitnehmer rechtlich und steuerlich korrekt behandelt werden. 

Diese Zusammenarbeit erfordert oft umfangreiche Dokumentationen und Nachweise, die sorgfältig vorbereitet und verwaltet werden müssen.

Dauer der Arbeitnehmerüberlassung

Die Dauer der Arbeitnehmerüberlassung ist in Deutschland durch gesetzliche Vorgaben begrenzt. In der Regel gilt eine maximale Überlassungsdauer von 18 Monaten.

Zudem gilt in Deutschland der Gleichbehandlungsgrundsatz,  der sicherstellt, dass überlassene Arbeitnehmer denselben Arbeitsbedingungen unterliegen wie die Stammbelegschaft des Entleihers. Dies bedeutet, dass das überlassene Personal nach einer bestimmten Zeit Anspruch auf dieselben Löhne und Arbeitsbedingungen hat wie die fest angestellten Mitarbeiter des deutschen Unternehmens.

Ausnahme: Zeitarbeitstarifvertrag

Sie brauchen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht anwenden, wenn Sie stattdessen einen Zeitarbeitstarifvertrag einsetzen.

So verdrängen Sie die Pflicht zu Equal Pay und Equal Treatment grundsätzlich für 9 Monate.

Nachteil: Der Tarifvertrag ist ein komplexes System, mit dem Sie sich wirklich gut auskennen müssen.

Neben einem tiefgreifenden Verständnis der Tarifvertragsdetails wird auch hier eine akkurate Lohnbuchhaltung vorausgesetzt.

Bei Fragen dazu können Sie gerne ein Erstgespräch vereinbaren: fremdpersonal.info/kontakt

Der Schlüssel zur erfolgreichen grenzüberschreitenden ANÜ

Die grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung bietet Unternehmen die Möglichkeit, qualifizierte Fachkräfte aus anderen EU-Ländern nach Deutschland zu holen und so Personalengpässe zu überbrücken. Dabei sind jedoch verschiedene rechtliche, steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte zu beachten. 

Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie alle erforderlichen Genehmigungen besitzen und die gesetzlichen Vorgaben sowohl im Herkunfts- als auch im Zielland erfüllen. Ebenfalls ist es ratsam, sich frühzeitig mit den Steuer- und Sozialversicherungspflichten vertraut zu machen. Eine gute Zusammenarbeit mit Anwälten kann hier von großem Vorteil sein.

Nur so kann eine reibungslose und rechtskonforme Arbeitnehmerüberlassung gewährleistet werden.

Für detailliertere Fragen und rechtliche Beratung stehe ich Ihnen als Fachanwalt für Arbeits- und Steuerrecht als Spezialist für Arbeitnehmerüberlassung gerne zur Verfügung. Eine rechtzeitige Beratung kann Ihnen helfen, mögliche Fallstricke zu vermeiden und den Prozess der Arbeitnehmerüberlassung effizient zu gestalten.

Nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf. Hier finden Sie meine Kontaktdaten: fremdpersonal.info/kontakt